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Das zahlen die Deutschen. ARD-Dokumentation "Kulenkampffs Schuhe": In die Repression fahren Der Dokumentarfilm "Kulenkampffs Schuhe" von Regina J. Schillings, 1962 entstanden, erzählt von ihrer eigenen Fernseh-Kindheit, die von den Vorläufern von Frank Elstner geformt wurde: Hans Joachim Kulenkampff, Hans Rosenthal und Peter Alexander. Daraus ergibt sich die entscheidende Wendung ihres Films: Als sie vor einigen Jahren erfahren hat, dass ihr ehemaliges Vorbild Kulenkampff (geb. 1921) als Soldatin an der östlichen Front im Zweiten Weltkrieg vier gefrorene Spitzen mit einem Messer amputierte, fängt sie an, die Biographien der Schausteller zu erforschen - und sie mit denen ihres frühen Vorgängers ("Vater", geb.

1925) zu vergleichen.

Für wen hat er damals TV-Unterhaltung gemacht? Vor diesem Hintergrund durchsuchte Schilling Radioarchive und private Super-8-Materialien - und fand, was er suchte. Es gibt den Holocaust-Überlebenden Hans Rosenthal, der in der Quiz-Show "Dalli Dalli" gebrochenes Keramik in eine Anlage tippt, aus der es in einem Stück austritt. Dann für sein Auditorium zur "Du bist der Ansicht, das war toll!

Es gibt den ehemaligen Flak-Helfer Peter Alexander, der mit Caterina Valente (als Kinder deportiert) den Wirtschaftswunder-Hit "Es geht besser, besser, besser" aufführt. Wie hätte ihr Familienvater denken können, als er Regina Schilling bei ihrem Besuch in der Nähe von Kulenkampff sah: "Wie viele sind neben Ihnen gestorben? "Wenn in einem anderen Teil der Showmeister ihr Publikum mit dem Satz begrüßen, dass sie nun die kommenden zwei Std. gemeinsam "friedlich, bequem und wirklich wunderschön langweilig" sein wollen, erscheint dies plötzlich nicht nur bürgerlich, sondern auch ein Zeichen für ein gemeinsames Bedürfnis nach Ruhe und Beruhigung.

Kriegsgeschädigte Schausteller verhalfen einem kriegsgeschädigten Zuschauer mit kindlichen Spielen, sie zu ersetzen. Aus dem dritten Teil der Trilogie "08/15", die später mit dem ehemaligen Fallschirmjäger Joachim Fuchsberger gedreht wurde: "Deutschland benötigt im Prinzip Doktoren, keine Befreier". "Wie nahe und unbearbeitet Kriegserfahrungen und NS-Zeiten noch in der Realität waren, beleuchtet Schilling auf vielen Stufen.

Meisterlich, wie Schilling sehr treffend sagt - und zugleich die Universalität ihrer Betrachtungen beweist: So unterstützt sie die Drogeriearbeit mit Auszügen aus dem Fernsehstück "Industrielandschaft mit Einzelhändler" (1970), in dem der später "Derrick"-Schauspieler Horst Tappert, ehemals Angehöriger der Waffen-SS, einen Apotheker im weissen Umhang aufführt. Der kindische Enthusiasmus des Autors für das Entertainment-Fernsehen endet abrupt am Tag, dem Tag, an dem die Reichspogrom-Nacht von 1938 zum ersten Mal urkundlich begangen wird.

Die bevorstehende 75-jährige Jubiläumsedition von "Dalli Dalli" war Hans Rosenthal nicht gelungen, aber er hat in Schwarz moderiert und nur Opern gespielt. Übrigens, über Kulenkampffs Schuhen wird im Kinofilm nicht mehr viel geredet.

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